Meine spirituelle Phase in meinem Leben begann so richtig, als ich das Buch „Neue Erde“ von Eckhart Tolle gelesen habe. Zum einen eröffnete es mir eine neue Welt, die ich vorher noch nicht kannte. Zum anderen fühlte ich mich verstanden und ich dachte mir: „Endlich spricht mal jemand die Wahrheit aus. Ich bin doch nicht alleine“.
Ich wusste natürlich nicht, dass diese Themen schon seit Anbeginn der Menschheit existieren und Eckhart sie nur nochmal in seiner Sprache abgedruckt hat. Es gibt unendlich viel Literatur dazu und jeder Autor schreibt über ein und dasselbe Thema. Der Unterschied liegt lediglich in der Sprache, in der Form der Wörter.
Ich analysierte mich selbst
Das Bewusstsein, von dem Eckhart spricht, gab meinem Leben eine ganz neue Perspektive und Qualität. Es war der Sommer 2011, ich lag den ganzen Tag im Park und setzte die Techniken gleich in die Tat um: Das Fokussieren auf den eigenen Atem, das Fühlen des Körpers und das Sein im Hier und Jetzt, das Beobachten der Gedanken usw. Ich analysierte meine Gedanken und wertete alles aus, was davon mit meinem Ego zu tun haben könnte, und was nicht.
„Mein Ego ist böse!“
Eckhart spricht nicht gut vom Ego, macht es für das eigene Leiden verantwortlich und für den Untergang unsrer Welt. Ich bekam keinen guten Eindruck von meinem Ego, was sich mit den Thesen deckte, die mir im Meditationsunterricht erzählt wurden. Ich begann zu glauben, dass mein Ego echt eine üble Sache ist. Ich dachte, mein Ego müsse vernichtet und verbrannt werden. Ich verurteilte meine Gedanken, übte mich in Askese und nahm mir vor, nur noch friedlich und in der Liebe zu sein. Denn das war es, was all die spirituellen Menschen lehrten, die mir begegneten.
Ich war wie Ecki: „Eckhart Tolle Junior“
Eckhart Tolle war dabei mein neues Vorbild. Ich dachte, ich müsse so sein wie er. Meine Art zu sprechen, mich zu bewegen und die Wahl meiner Wörter ähnelten ihm sehr. Manche Leser kommentierten meine Videos auch mit „Eckhart Tolle Junior“. Ich fand solche Kommentare gut, sie waren gut für das neue Kleid meines Egos, das ich mir still und heimlich anzog, ohne es mir bewusst zu machen. Nun dachte ich, ich sei der „halb-erleuchtete Messias“, der die Ruhe in sich gefunden und die Weisheit mit Löffeln gefressen hat.
Mein neues Spiri-Ego-Kleid gefiel mir und ich zog es gerne an. Es war meine neue Identität und im Prinzip war ich der neue „Eckhart Tolle Junior“. Ich wusste jedoch nichts davon. Ich checkte nicht, dass ich mir selbst was vormachte und von der einen Illusion in die nächste wanderte. Das fatale an der neuen Illusion war, dass ich dachte, ich hätte meine Illusion nun verlassen, also eine ganz trügerische Geschichte.
„Wut und Ärger sind schlecht!“
Ich verabschiedete mich von der Wut und dem Ärger in meinem Leben, denn ich wollte so sein, wie die anderen. Die anderen sind nur noch in der Liebe und das sei der Weg für ein friedliches Leben und eine friedliche Zukunft. Wut und Ärger haben da nichts mehr zu suchen. Also weg damit und bloß nicht mehr leben. Alle Situationen, die mich hätten aufregen können, ließ ich nicht mehr an mich heran. Ich tat einfach so, als gingen sie mich nichts mehr an und als sei ich einfach nur glücklich.
Ich lebte in einer Glaskugel
Was ich dabei nicht merkte, war, dass ich damit den Kontakt zum Leben und zur Lebendigkeit verlor. Ich begann eine Glaskugel um mich herum zu errichten. Die Glaswand wurde dabei immer dicker, jedes Mal, wenn ich meine Impulse des Ärgers und der Wut unterdrückte, mich an das Hier und Jetzt erinnerte und diese Gedanken wegschob. Die Glaskugel war mein Rückzugsort, an dem ich sicher war. Hier konnte mich nichts aus der Ruhe bringen. Die Glaskugel hatte jedoch auch ihren Preis.
Was ich verlor, war Begeisterung und echte Lebensfreude
Irgendwann begann ich etwas zu vermissen. Mein Leben war so gleichbleibend. Es gab keine Höhen und Tiefen mehr. Die Lebendigkeit meines Lebens glich einer geraden Linie. Es gab keine Ausschläge mehr. Ich lebte ein kleines Glück auf oberflächlichem Niveau. In meiner Welt gab es keine Probleme mehr, denn ich blendete sie aus.
Ich muss sagen, dass das kein schlechtes Leben war. Es war schon alles OK, so wie es war. Ich kam damit klar. Doch mein Wunsch nach mehr Begeisterung wurde größer und größer. Ich hatte jedoch keinen Plan, wie ich das anstellen sollte. Ich konnte noch so viel meditieren und im Hier und Jetzt sein, die Begeisterung, die ich mir wünschte, kam nicht wieder. Ich erinnerte mich daran, mit welcher Begeisterung ich als Kind gespielt hatte und wünschte mir genau diese Gefühle des Seins zurück.
Mein Wunsch ging in Erfüllung und das Leben haute mir eine rein!
Wow. Das tat weh. Mein Wunsch ging Erfüllung, aber dass ich dafür erst mal so leiden musste, war mir nicht klar. Es war ein Hieb mit voller Wucht in meinen Magen. Ich wurde schier bewusstlos und sank zu Boden, als mir meine damalige Freundin erzählte, dass sie was mit einem meiner Freunde hatte. Jo, das hat mich damals richtig umgehauen. Und es war genau das Richtige, um die fette Schicht meiner Glaskugel zu zerbrechen, in der ich mich vor dem wahren Leben in Sicherheit brachte. Ich bin beiden dankbar für dieses Ereignis und es begann ein neuer Weg in meinem Leben.
Der Berg der Glücksillusion
Ich begann mich wieder mit meiner Wut zu befassen. Lernte sie als sinnvoll anzuerkennen, als Motor, um Ziele zu erreichen und als Zutat für Lebendigkeit. Ich verstand, dass ich die ganze Zeit etwas unterdrückt habe, was aber da war und was sich seinen Weg nach außen suchen musste. Mit jedem Wut-Impuls, den ich unterdrückte, kletterte ich einen Berg der Glücksillusion hinauf, um irgendwann wieder umso tiefer in die Realität fallen zu können.
Auf diesem neuen Weg in eine echtere Welt konzentrierte ich mich also verstärkt auf das, was ich so lange unterdrückt habe: Meine Wut. Das Unterdrücken nahm seinen Anfang in meinem Fall schon in Schulzeiten, als ich von den Lehrern lernte, dass es nicht gut sei, wütend zu sein. Zu Beginn meiner „spirituellen Phase“ nahm das Unterdrücken nur eine neue, absolute Dimension an.
Mein Weg in meine Wut
Der Weg zu meiner Wut führte mich zur Körperarbeit mit Grinberg und Bioenergetik, thailändischer Kampfkunst und dem konsequenten Ausdrücken meiner Gefühle in allen Situationen des Alltags. Das bedeutet nicht, dass ich begann wie wild zu schreien, sondern es genügt meist schon das einfache Mitteilen, was in einem vorgeht: „Hey Schatz, das macht mich echt wütend, wenn du dich so viel mit anderen Männern verabredest.“
Ein Film, der mir damals auch begegnete, war „Die Wutprobe“. Eine Komödie mit Adam Sandler, der darin einen Coach an die Seite gestellt bekommt, um den konstruktiven Umgang mit seiner Wut zu lernen. Denn natürlich ist es wiederum nicht gut, wenn man in blinde Wut verfällt und „die Kontrolle verliert“, so wie ich es wohl als Kind ausgelebt habe.
Als Erwachsener lernte ich nun, die unterdrückte Wut in den passenden Momenten, wenn sie auch gebraucht wird, wieder zu empfinden und auf konstruktive Weise zu leben. Etwa, wenn es darum ging, Grenzen aufzuzeigen, die den Raum meines Wohlbefindens darstellten, oder mich für Dinge einzusetzen, die mir wichtig waren, wie etwa meine Freundin. Im zweiten Buch gehe ich genauer darauf ein, wie wir unsere Wut auf dem Weg zur inneren Lebendigkeit und Begeisterung konstruktiv nutzen können: Dinge, die ich mit 21 gerne gewusst hätte.
Die Illusion der Wahrheit
Rückblickend kann ich sagen, dass etwas, was erst mal neu ist und toll erscheint, von vielen Menschen als die einzige Wahrheit angesehen wird (siehe auch Artikel „Spiri-Hype„). So war es auch bei mir, was die Lehren von Eckhart Tolle betrifft. Mein Ton war dogmatisch und ich war der Ansicht, dass es das Ding ist, was jeder Mensch braucht und das unseren Erdball rettet.
Heute bin ich unter anderem auch damit beschäftigt, meine Identifikation von genau diesen Lehren der Spiritualität wieder zu lösen. Nichts ist die eine Wahrheit, wobei das auch wieder nur ein weiterer Glaubenssatz ist. Das Leben besteht aus vielen, vielen Zutaten, die ich alle für meine Lebendigkeit und meine Begeisterung brauche.
Den Schmerz umarmen
Ich habe mich von der Askese – des absoluten Verzichts – gelöst, und erlaube mir, die unterschiedlichsten Gefühle zu leben. Was da ist, darf da sein. Das ist auch die zentrale Bedingung dafür, wenn sich etwas auflösen soll. Alte Schmerzen habe ich damals gerne in meinem Keller eingesperrt. Um sie zu heilen und mich von ihnen zu verabschieden, ist es jedoch notwendig, dass ich sie in mein Wohnzimmer einlade, ihnen erlaube da zu sein, die Gefühle benenne, mit ihnen spreche, ihnen mutig in die Augen blicke, herausfinde, was sie brauchen und es ihnen gebe (meistens ist das das letzte Durchleben und eine Umarmung in Liebe und Akzeptanz). Erst dann können sie sich verabschieden und in Frieden mein Seelenhaus verlassen.
Wie wahre Begeisterung kommt
So schaut’s aus. Seitdem ich innerlich freier geworden bin und mir nichts mehr verbiete – wie z.B. „unspirituelle Lebensmittel“ oder leidvolle Gefühle – geht’s auch kontinuierlich mit meiner Lebensfreude bergauf. Natürlich ist die dann nicht permanent vorhanden, sondern unterliegt wie die Lebendigkeit des Lebens natürlichen Schwankungen. Damit habe ich mich angefreundet und genieße neuerdings auch Gefühle wie Traurigkeit, die ich zusammen mit meiner Gitarre in Tränen ausleben kann. Ich habe gelernt, mit allen Emotionen umzugehen.
Den größten Benefit erhalte ich jedoch, wenn ich mich gegenüber Menschen öffne, vor allem gegenüber meiner Freundin. Erzähle ich ihr, was in meinem Herzen wahrhaftig vor sich geht, was mich verletzt und wie ich mich fühle, lösen sich diese Gefühle sehr schnell auf und der Raum für Liebe und Begeisterung ist wieder da. Ich hab auf jeden Fall keinen Bock mehr, in meine Glaskugel zu wandern, denn da raus zu kommen, war ein etwas längerer Prozess. Die Freiheit und Lebendigkeit erhalte ich mir, wenn ich mich mit all meinen Gefühlen in mir verbinde, sie bewusst fühle und vor allem ausdrücke. Mehr dazu im zweiten Buch.
Ich bin nicht sauer auf Ecki
Irgendwann, wenn alle Schmerzen geheilt sind und man sein „wahres Ich“ wahrhaftig erkannt hat, oder erkannt hat, dass es nicht existiert, dann könnte man vielleicht vermuten, dass man erleuchtet ist. Was ich jedoch tat, war „so tun als ob“. Heute habe ich nicht mehr das Ziel, erleuchtet zu sein. Ich will innerlich nur wachsen, mich immer weiter entfalten und lieben lernen. Das Bewusstsein ist dafür ein hilfreiches Werkzeug für mich, aber nicht die alleinige Lösung für alles und jeden.
Verstehe mich nicht falsch. Ich bin nicht sauer auf Ecki, keineswegs. Ich bin ihm sehr dankbar, denn das Bewusstsein sorgte zumindest dafür, dass ich mich selbst besser verstand und mein Leben mit mehr Tiefe leben kann. Vor allem jetzt, wo ich auch die „ungeliebten“ Gefühle wieder in mein Leben integriert habe. Ich war nur noch nicht bereit, seine Lehren beim ersten Kontakt in der Art und Weise umzusetzen, wie es vorgesehen war. Ich schätze, die wenigsten Menschen verstehen wirklich, um was es in seinem Buch „Neue Erde“ geht. Und jedes Mal wenn ich es lese, verstehe ich es auf einer neuen Ebene.
Meine Fazit ist:
Leben bedeutet, alles zu lieben und zu leben, was da ist.
Vor allem, was im eigenen, dunklen Keller schlummert.
Ich tue nur noch, was durch mich getan werden will
Heute will ich nur noch ich selbst sein. Und ich vermute, dass ich mein Selbst nicht näher beschreiben kann. Es ist keine bestimmte Person und hat kein bestimmtes Bild. Ich bin nicht mal das, was durch mich kommt. Die Wörter, die ich in das Gerät tippe. Die Bilder, die ich male. Ich weiß nur, dass es mir am meisten Freude bereitet, wenn ich das lebe, was durch mich kommt. Das ist mein Hauptfokus.
Das, was ich als Nächstes tue, ist die Antwort auf auf die Frage „Was möchte ich jetzt am liebsten tun?“
Ein größeren Lebenssinn lebe ich gerade nicht und die Frage beinhaltet natürlich auch, dass ich mit allen Konsequenzen einverstanden bin, die sich daraus ergeben. Das erfüllt mich gerade sehr!
Zum Schluss noch ein lustiges Video, dass alles auf den Punkt bringt:
10 Indizien, an denen du erkennst, ob du „ultra-spirituell“ bist
Das Bewusstsein, das ich im ersten Buch so detailiert beschreibe, ist trotz all dem eine wichtige Sache auf dem Weg zur inneren Freiheit, auch wenn die Gefahr besteht, dass man sich selbst etwas vor macht. Aber selbst das bietet dann wieder Potenzial, sich bewusst zu werden. Eventuell hört dieser Prozess der Selbstreflexion nie auf.
Jedenfalls beschreibe ich dann im zweiten Buch, wie ich mich von der Scheinfreiheit befreit habe und das Bewusstsein als Werkzeug auf dem Weg zu meiner Wahrheit, Lebensfreude und Begeisterung eingesetzt habe.
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