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Soziale Isolation: „Ich bin einsam und allein“

19. Sept 2014: Vor Kurzem ist mir bewusst geworden, wie isoliert ich lebte und immer noch lebe. Ich möchte dazu meine Gedanken aus meinem Leben, aber auch aus dem Leben der Menschen unserer Gesellschaft mitteilen. Die soziale Isolation betrifft uns alle. Sie ist ein gesellschaftliches Phänomen, das unser System auf die Art und Weise am laufen hält, wie es jetzt ist. Wenn ich in dem folgenden Text „Der isolierte Mensch“ das Wort „Ich“ verwende, meine ich damit uns alle, also auch mich und dich. Vielleicht erkennst du dich zum Teil wieder.

Der sozial isolierte Mensch

Unsere Vorfahren lebten in Sippen, Clans und Großfamilien.

Ein gesundes Miteinander, in der alle füreinander sorgten.

Mir war das lange Zeit nicht bewusst.

Nun blicke ich auf meine Leben und erkenne etwas, das da ganz groß ist:

Soziale Isolation.

Ich lebe allein.

Ich einer sicheren Gummizelle, in der ich für mich bin.

Ich kann hier wunderbar meiner Tätigkeit nachgehen und produktiv sein.

Aber ich kann mich hier auch wundervoll verkriechen, mich vor dem Kontakt zu Mitmenschen scheuen und meine Komfortzone auf mein kleines Reich beschränken.

Ich kann mich hier wunderbar ablenken, durch Filme schauen, lustlos herumliegen, schlafen.

Früher hatte ich auch ganz viel Computer gespielt.

Allein.

Isoliert.

Trotzdem brennt in mir der Wunsch nach Begegnung, nach Kontakt zu Menschen.

Gott sei Dank gibt es dafür das Internet.

Ich habe es lieben gelernt, weil es mir meinen Drang nach einem sozialen Leben befriedigt.

Ich kann den Kontakt dabei wunderbar dosieren.

Wird mir etwas zu viel, schalte ich den digitalen Kontakt ab.

Habe ich Hunger nach menschlichem Kontakt, klicke ich Tausende von Profilbildern durch, schreibe hier und da Freunde von Freunden oder Wildfremde an.

Kommt es mal zu einem Treffen in der realen Welt, in der ich den Menschen in echt vor mir habe, sind da zwei, die es verlernt haben, Mensch zu sein.

Sie sind im Innern verletzt, haben den Schmerz überlagert mit Betonschichten zur Abschirmung und leben in Vorsicht und Zurückhaltung.

Da ist eine Angst.

Die Angst davor, dass der andere den eigenen Schmerz wieder entfachen könnte.

Das will natürlich keiner, denn wir lieben unsere Wunden nicht, wir wollen Spaß haben und Party machen – auf einem oberflächlichen Niveau, versteht sich.

Deshalb gibt es die soziale Isolation.

Jeder hat sein eigenes Reich.

Seine eigene Box, in der er oder sie wohnt.

Eine Box, in der wir selbst bestimmen, wie viel vom Außen hineinkommt.

Ich bin einsam - der Mensch in sozialer Isolation

Und in der wir bestimmen, wie oft wir sie verlassen, um uns der Ungewissheit und Spontanität auszusetzen.

Gott sei dank gibt es Facebook, WhatsApp und Dating-Seiten.

So kann ich selbst bestimmen, mit wem ich mich wann unterhalte bzw. wohlgewählte Textnachrichten austausche, die nicht im Geringsten Auskunft über die wahren Gefühle in meinem Innern geben müssen.

Ich kann ein Bild entstehen lassen, das ich nicht bin, aber das ein gutes Bild nach außen scheinen lässt.

Ich bin nicht so, wie es scheint, aber ich präsentiere mich, als sei ich ganz toll, voll glücklich und der wunderbarste und stärkte Mensch auf Erden.

In Wahrheit fühle ich mich einsam, verlassen, und hilflos.

Ich wünsche mir Geborgenheit, menschliche Wärme und eine herzliche Verbundenheit.

Ich wünsche mir, einen anderen Menschen zu spüren.

Ich traue mich jedoch nicht, da raus zu gehen und einen fremden Menschen anzusprechen.

Das kostet mich viel zu viel Überwindung.

Denn nicht nur ich bin isoliert, sondern die anderen sind es auch.

Es gibt kaum Möglichkeiten, auf natürliche Art und Weise ins Gespräch zu kommen und sich kennenzulernen.

Ich mache mir das Leben einfach und nutze einfach das Internet.

Gott sei Dank ist das Internet voll mit Pornografie.

Per Mausklick bekomme alles, was ich will.

Zwar virtuell, aber dafür, dass ich mich meinen Ängsten nicht stellen muss, es ist eine wunderbare Sache.

Ich habe Hunger nach Sex und ich will immer mehr, je mehr ich mir die gestellten Streifen ansehe.

Doch irgendwann merke ich, dass es nicht dasselbe ist.

Soziale Isolation: Brauche ich doch einen Partner?

OK, ich raffe mich auf, gehe auf die Suche nach einem Menschen, der mir das gibt, was ich brauche.

Ich sag es zwar keinem, aber ich bin abhängig von Liebe, körperlicher Liebe, denn ich habe die Liebe zu mir selbst verloren.

Natürlich möchte ich die soziale Isolation weiterleben, wenn ich mal eine Familie habe.

Zwei Menschen, die wieder ein kleines Reich aufbauen und Kinder zeugen.

Man lebt dann zwar gemeinsam, aber immer noch isoliert.

In einer Wohnung oder wie in den Filmen in einem Einfamilienhaus.

Wir kennen unsere Nachbarn nicht, laden vielleicht mal Freunde für einen Grillabend oder zum Filme schauen ein, aber das war’s.

Über Probleme sprechen wir nicht.

Wir sprechen generell nicht über Dinge, die persönlich sind.

Es ist leichter, über Nachrichten, Fußball oder die letzten Sendungen aus dem Fernsehen zu reden; über den Kollegen zu lästern und den Busfahrer zu schimpfen.

Schade nur, dass es so ermüdend ist.

Wenn ich ehrlich bin, würde ich viel lieber eine echte, tiefe Verbundenheit zu meinen Freunden aufbauen.

Sie einfach mal berühren, lange in den Arm nehmen.

Aber wie käme das nur an?

Bestimmt komisch.

Ich schiebe diese Gedanken weg und mach mir ein neues Bier auf.

Das hilft, wenn auch nur temporär.

Ich bin dankbar für all die kleinen Drogen, die mir das Leben leichter machen.

Zucker macht mich glücklich.

Rauchen macht mich frei.

Alkohol lässt mich vergessen.

Essen lässt mich verdrängen.

Ich kann mit meinen Wunden existieren, weil ich in einer Gesellschaft lebe, in der die Menschen isoliert sind.

Jeder hat seine Geschichte, seine Pakete, seine Wunden und Verletzlichkeiten.

Und jeder pflegt sie wie ein Haustier.

Hält die eigene Verletzlichkeit in einem Käfig gefangen und züchtet damit neue Verletzlichkeiten heran.

Ein Teufelskreis, der das System am Laufen hält.

Es gibt viele, die ausrasten, weil sie ihre soziale Isolation auf die Spitze getrieben haben.

Sie sind verrückt geworden oder wurden für verrückt erklärt.

Sie werden abgeschoben und auf Medikamente gesetzt.

Lasst uns das nicht sehen, was uns die eigene Verletzlichkeit spiegelt.

Wenn ich leidende Menschen sehe, werde ich mit meinem persönlichen Leid konfrontiert.

Das will ich nicht.

Deshalb lebe ich doch in sozialer Isolation.

Weg damit.

Deshalb müssen die Kranken in Krankenhäuser.

Deshalb müssen die Alten in Altenheime.

Deshalb müssen benachteiligte Menschen in Behindertenheime.

Deshalb müssen die verhaltensauffälligen Kinder auf Sonderschulen.

Alles muss verbannt werden, was die eigene Schwäche ans Licht bringen könnte.

Gebt den Kindern am besten auch Drogen, damit sie still werden.

Erwachsene nehmen Koks, um im Hamsterrad schneller rennen zu können.

Kinder nehmen Ritalin, um die Erwachsenen in ihrer Schmerzverdrängung nicht zu stören.

Alle wollen Schein statt Sein.

Alle wollen jetzt so durchkommen statt in tiefer Erfüllung und Wahrheit das Leben zu feiern.

Alle wollen ums Überleben kämpfen statt das System zu hinterfragen.

Was meinst du, wem die soziale Isolation der Menschen am meisten nützt?

Was verbindet all die isolierten Menschen?

Sie vergessen sich selbst, um zu funktionieren und zu überleben, um reich zu werden, um materielle Güter anzuhäufen, um ihren Hunger nach Sex und Macht zu befriedigen.

Das alles führt zu Wirtschaftswachstum und Kontrolle.

Die Wirtschaft nutzt die soziale Isolation der Menschen, um ihnen Ersatzbefriedigungen zu verkaufen.

Bei jedem Kauf klingelt die Staatskasse durch die Umsatz- und Einkommenssteuer.

Je mehr der Mensch am vermeintlichen Leben teilnimmt, desto mehr muss er auch dafür bezahlen.

Steuern gibt es für die unterschiedlichsten Dinge.

Der Staat ist kreativ.

Warum lässt sich ein isolierter Mensch leichter kontrollieren?

Weil die Macht der Menschen erst durch ihre Verbundenheit entsteht.

In dem Moment, wo viele Menschen sich zu einer Gruppe zusammenschließen und ein gemeinsames Ziel verfolgen, wird ihre Macht größer.

Durch das gemeinsame Ziel potenziert sich auch die Kraft ihrer Gedanken.

Aktuell ist das gemeinsame Ziel nicht mehr Liebe oder mehr Lebendigkeit.

Bislang regiert die soziale Isolation.

Soziale Isolation: Die Frage ist nur, ob du daran etwas ändern willst.

Wenn ja, so steht es dir in jedem Moment offen, dich gegen die soziale Isolation und für die Verbundenheit zu entscheiden.

Verbundenheit entsteht, wenn du dir deiner Träume und Ziele bewusst wirst und sie mit anderen Menschen teilst.

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Eine Verbindung, die dem Zentrum deines Herzens entspringt.

Eine Verbindung, die dich wirklich heilt.

Eine Verbindung, die wahre Liebe schenkt.

Der Weg zu dem, was wir wirklich brauchen, geht über die Gemeinschaft.

Der Mensch ist ein Sippenwesen, daran wird sich auch nichts ändern.

Soziale Isolation macht krank.

Die Gruppe und der direkte, offene Kontakt zu seinen Mitmenschen heilt.

Wir brauchen das ehrliche Feedback, das Mitteilen unserer Gefühle von Angesicht zu Angesicht und die Herzenswärme, die uns nur eine menschliche Begegnung schenken kann.

Das ist meine Erkenntnis und ich werde die soziale Isolation in meinem Leben immer weiter aufheben und sie durch Gemeinschaft ersetzen. Aktuell plane ich eine Männer-WG mit 4 Freunden. Für die Zukunft stelle ich mir eine Gemeinschaft auf dem Land vor.

Es ist mir klar, dass ich dadurch meine Komfortzone verlassen und mich meinem Innenleben stellen muss, denn jeder Mensch ist für mich ein Spiegel für meine Gefühle.

Ich habe verstanden, dass ich nur dadurch wachsen kann.

Und dafür bin ich hier.

Dafür lebe ich.

Ich will wachsen!

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Foto: suze / photocase.de

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