Unterwegs auf unserem Herzensweg, kann es immer wieder passieren, dass wir uns im Gedankenkarussell verstricken, unsere innere Klarheit verlieren und irgendwann das Gefühl haben, gar nicht mehr zu wissen, wo es weitergeht. Das Kreative Schreiben kann uns hier eine neue Richtung aufzeigen – und zu einer Weggefährtin auf unserem Weg werden. (Ein Gastbeitrag von Sabrina Gundert)
Den Geist klären
Ob nach einer Nacht mit intensiven Träumen oder einem langen Tag mit vielen Reizen: Mit den Morgenseiten, die Julia Cameron in ihrem Buch „Der Weg des Künstlers“ vorstellt, können wir den Sturm in unserem Kopf zur Ruhe kommen lassen, uns wieder zentrieren und zurückkommen in unsere Kraft. Altes von gestern, Träume, die noch nachwirken oder auch Sorgen und Ängste vor dem neuen Tag bekommen Raum auf dem Papier. Alles, was auf dem Papier ist, müssen wir nicht länger mit uns tragen. Es ist, als würden wir uns innerlich ausfegen und all das, was wir für den neuen Tag (oder die Nacht) nicht brauchen, gleich am Morgen loslassen. Dies hilft uns, klar und frisch in den Tag zu starten.
Die Morgenseiten sind für mich zu so etwas wie einer Morgendusche geworden – ich wache auf, knipse das Licht an, setze mich auf und schreibe. Das war nicht immer so. Als ich zum ersten Mal von den Morgenseiten gelesen hatte, dachte ich: Das mache ich ab heute jeden Tag! – und gab nach wenigen Tagen wieder auf. Denn ich war getrieben gewesen von einem inneren Ich-muss-das-jetzt-machen-Gefühl, das jede Freude an diesem Tun vereitelt hat.
Jahre später tauchte die Übung der Morgenseiten dann wie aus dem Nichts wieder in mir auf und seitdem sind die Morgenseiten fester Bestandteil meines Alltags geworden. Lasse ich sie doch einmal aus, weiß ich: Irgendetwas liegt im Argen. Gefühle, denen ich mich nicht nähern möchte oder Unliebsames, das ich lieber nicht so genau anschauen möchte – denn bei den Morgenseiten kommt alles aufs Papier. Oder wie eine Schreibwerkstattteilnehmerin einmal sagte: „Ohne die Morgenseiten bin ich den ganzen Tag über zu nichts zu gebrauchen. Durch die Morgenseiten bekomme ich innere Klarheit im Kopf und kann dann gut in den Tag starten.“
Schreibübung: Die Morgendusche
Schreibe gleich nach dem Aufwachen drei Seiten (die Größe kannst du selbst wählen). Egal was. Folge dabei dem ersten Impuls, der auftaucht. Und wenn es nur Quatsch, Nörgeleien oder Träume sind. Ganz egal. Auch, wenn du dich dabei fünfmal wiederholst. Lies die geschriebenen Seiten danach nicht noch einmal. Schreibe einfach morgen weiter. Du kannst diese Übung auch nutzen, um am Abend all das loszuwerden, was sich den Tag über in deinem Kopf angesammelt hat und auf diese Weise erholt in die Nacht starten.
Erlebtes verarbeiten
Schreibend bekommen wir zudem Zugang zu Bereichen unseres Unterbewusstseins, denen wir uns allein mit dem Verstand nur schwer nähern können. Das Schreiben hat dabei ungleich viele Facetten: Es kann persönliche Therapie und Lebensfreude pur sein. Entspannungsort und Ruhepol. Zeit zum Krafttanken und eine Möglichkeit, mehr über uns selbst zu erfahren.
Seit meinem Sprung in die Selbständigkeit vor zwei Jahren, habe ich oft das Gefühl, dass mein Leben rasant an Tempo zugenommen hat. Um all das, was ich täglich erlebe, all die Umbrüche, Herausforderungen, all das Schöne und Feiernswerte, zu verdauen, nutze ich das Schreiben. Steht mein Kopf kurz vorm Explodieren, schreibe ich. Weiß ich nicht weiter, schreibe ich. Weiß ich nicht, wo ich anfangen soll, schreibe ich. Dabei folge ich stets dem ersten Impuls, der auftaucht. Manchmal entsteht eine Wort-Bild-Collage, manchmal ein Text, mal ein Gedicht, mal eine Landkarte des vergangenen Jahres. Das Schreiben ordnet, sortiert, klärt. Vor allem dann, wenn wir mit der Hand schreiben, denn die Bewegung der Hand bringt auch etwas in uns in Bewegung, lässt Dinge in die richtige Position rücken.
Schreibübung: Die Landkarte deines Lebens
Zeichne eine Landkarte. Die Landkarte deines Lebens. Lasse Hügel, Flüsse, Nebenflüsse entstehen. Ein Meer, Berge, Täler. Weite Flächen, Städte, was auch immer dir an Impulsen in den Sinn kommt. Notiere nun auf deiner Landkarte die Stationen deines Lebens: Wo hast du dich heimisch gefühlt? Wo fühlst du dich heimisch? Welche Flüsse galt und gilt es zu überqueren? Welche Gipfel hast du bereits erklommen? Welche Inseln sind über die Jahre neu entstanden? Du kannst zeichnen oder schreiben. Wenn du das Gefühl hast, es ist genug, höre auf. Lasse die Karte nun auf dich wirken. Sieh sie dir genau an. Welches Wort oder welcher Aspekt deiner Landkarte zieht dich am meisten an? Folge ihm schreibend.
Eine Vision entwickeln
Das Kreative Schreiben, bei dem es nicht um richtig oder falsch geht, sondern einfach um das spielerische Schreiben, bei dem ich Stift und Papier als Mittel nutze, mir selbst näher zu kommen, vermag auch unseren Blick in die Zukunft zu schärfen. Denn schreibend bekommen wir einen viel leichteren Zugang zu unserem Unterbewusstsein, als mit dem bloßen, rationalen Verstand.
Das zeigt sich beispielsweise in solchen Momenten, in denen wir uns auf ein Thema einlassen und plötzlich ganz erstaunt sind, an welche inneren Orte es uns geführt hat. Meist entstehen auf diese Weise ganz andere Texte als die, die wir vorher mit dem Kopf geplant hatten. So entdecken wir Aspekte von uns, die wir vielleicht lange nicht beachtet oder verdrängt haben – bisher nicht gelebte Träume, verschüttgegangene Visionen, tiefe Sehnsüchte.
Schreibend darf sich das, was da in uns ist, zeigen. Folgen wir dem, bekommen wir mehr und mehr eine Klarheit dafür, was uns innerlich bewegt, welcher Bereich unseres Lebens vielleicht blockiert ist und wie der nächste Schritt auf unserem Weg aussehen kann.
Tauchen langgehegte Träume und Visionen auf, ist das Schreiben doppelt wertvoll, denn das, was wir einmal aufgeschrieben haben, was Schwarz auf Weiß auf Papier steht, lässt sich nicht mehr so leicht vergessen. Das Schreiben ist somit der erste Schritt hin zur Verwirklichung dieser Träume.
So ging es mir beispielsweise, als ich im Sommer 2011 für einige Zeit in einem Schweizer Meditationszentrum in den Bergen war. Dort setzte ich mich an einem Nachmittag an einen Tisch, nahm Stift und Papier und schrieb auf, was ich als Nächstes machen würde: Kreative Schreibwerkstätten geben, ein Buch schreiben, eine Website namens Handgeschrieben.de erstellen und mehr. Ich staunte, denn bis dato hatte ich nur gewusst, was ich nicht möchte – nicht weiterstudieren, doch keinen festen Job annehmen, nicht als Geographin arbeiten –, nicht aber, wo es weitergehen könnte. Das Schreiben hatte mir gezeigt, dass alle Antworten schon längst in mir waren. Es brauchte nur Zeit und Raum, damit sie an die Oberfläche kommen konnten. Und: Alles ist tatsächlich so gekommen, wie ich es notiert hatte.
Schreibübung: Der nächste Schritt
Wenn du sicher sein könntest, dass nichts passiert – was würdest du tun?
Wenn du sicher sein könntest, dass dir nichts passiert, wie sähe er aus, der nächste Schritt in deinem Leben? Folge schreibend dem ersten Impuls, der auftaucht.
Das Werkzeug
Stift und Papier sind unser wichtigstes Werkzeug beim Schreiben – ob bei den Morgenseiten oder der Visionsentwicklung. Um mit Freude zu schreiben, sollten wir zu Beginn unserer Schreibpraxis ausprobieren, was stimmig für uns ist: Wie ist es, die Morgenseiten auf einem Ringbuchblock zu schreiben? Wie in einem leinengebundenen Buch? Verändert sich durch das Papier meine Art zu schreiben beziehungsweise der Inhalt, über den ich schreibe? Wie ist es, mit dem Bleistift zu schreiben? Wie mit dem Kugelschreiber? Was entspricht eher meinen Schreibbedürfnissen und -vorlieben?
Es ist klar, dass sich uns nicht immer und überall die perfekten Bedingungen bieten. Doch gerade zu Beginn unserer Schreibpraxis sollten wir gut für uns sorgen, um somit die Freude am Schreiben zu stärken und wachzuhalten.
Je öfter wir schreiben, umso natürlicher wird das Schreiben für uns werden. So wie wir nach dem Essen zur Zahnbürste greifen, so greifen wir dann, wenn wir uns verunsichert, überfüllt oder verwirrt fühlen vielleicht künftig zu Stift und Papier. Und lassen uns überraschen, was das Schreiben dieses Mal für uns bereithält.
Buchtipps
- Julia Cameron: Der Weg des Künstlers
- Natalie Goldberg: Schreiben in Cafés
- Natalie Goldberg: Wild Mind – Freies Schreiben
- Anna Platsch: Schreiben als Weg
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Alles Liebe, Elias
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